1. »
  2. Blog
  3. »
  4. Blog
  5. »
  6. Tiefseebergbau und die (Un)Vereinbarkeit mit dem...
14. November 2019

Tiefseebergbau und die (Un)Vereinbarkeit mit dem SDG 14

Die Weltgemeinschaft steht vor großen Herausforderungen wie Hunger, Armut, Klimawandel und ein steigender Ressourcenverbrauch. Um auf diese globalen Probleme gemeinsam zu reagieren, wurde auf dem UN-Gipfel in New York 2015 die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (Agenda 2030) als gemeinsame Handlungslinie von 193 Staats- und Regierungschefs beschlossen. Die Agenda 2030 enthält 17 nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) mit insgesamt 169 Unterzielen, die die SDGs weiter spezifizieren und konkretere Handlungsoptionen aufzeigen. Jeder Staat ist angehalten, seine Politik auf nationaler und auf internationaler Ebene so auszurichten, dass diese Ziele erreicht werden können.

SDG 14 bspw. widmet sich dem „Erhalt und der nachhaltigen Nutzung der Ozeane, Meere und der maritimen Ressourcen für eine nachhaltige Entwicklung“. Mit dem Beschluss der Agenda 2030 hat sich Deutschland und die internationale Staatengemeinschaft diesem Ziel verschrieben. Konträr scheinen da die von vielen Staaten forcierten Initiativen zum Tiefseebergbau, dessen Konsequenzen für das Ökosystem Tiefsee und den allgemeinen Zustand der Meere nicht abzusehen sind.

Die Bundesregierung bekennt sich zu den Zielen der Agenda 2030 und die jetzige Koalition aus SPD und CDU/CSU hat diese Ziele als zentrale Prämisse für ihr politisches Handeln genommen. Jedoch sehen Teile der Opposition, der Rat für nachhaltige Entwicklung und zivilgesellschaftliche Akteur*innen Lücken in den Bemühungen der Bundesregierung. Auch wird kritisiert, dass die Agenda 2030 noch lange nicht in allen Politikbereichen als grundlegende Handlungslinie verankert ist. Die Bundestagsfraktion der Bündnis 90/Die Grünen stellte Anfang des Jahres zum aktuellen Umsetzungstand der Agenda 2030 und den in ihr verankerten Zielen für eine nachhaltige Entwicklung eine große Anfrage an die Bundesregierung. Thematisiert wurde auch die Rolle des Tiefseebergbaus innerhalb der Erreichung des SDGs 14. 

Die Bundesregierung macht innerhalb ihrer Beantwortung der Anfrage deutlich, dass Deutschland sich um umfassende Forschungsleistungen im Bereich Tiefseebergbau bemüht. Die Ergebnisse, die die deutschen Forschungsinstitute erarbeiten, fließen in die Diskussionen „für die Entwicklungen von Abbauregularien“ in der Tiefsee ein, die derzeit bei Sitzungen der Internationalen Meeresbodenbehörde geführt werden. In diese Diskussionen bringt sich Deutschland laut Bundesregierung „intensiv und proaktiv“ ein. Darüber hinaus ist Deutschland mit 10 weiteren europäischen Staaten am Joint Programming Initiative: Oceans Projekt „MiningImpact“ beteiligt. Hier wird untersucht „welche ökologischen Folgen Tiefseebergbau hätte und wie Umweltauswirkungen begrenzt werden können“, so der Antworttext der Bundesregierung.

In beiden Fällen sind die Formulierungen und die daraus abzuleitenden Ziele deutlich: am Tiefseeberg als Zukunftstechnologie wird festgehalten, um den enormen Ressourcenhunger zu stillen. Auch wenn die Bundesregierungen ihre Bemühungen betont, hohe Standards in die Abbauregularien einzubringen und das SDG 14 innerhalb der Regularien um den Tiefseebergbau zu verankern, ist die Herangehensweise verkehrt herum. Das SDG 14 darf nicht in den Rahmen des Tiefseebergbaus angepasst werden und innerhalb von diesem Rahmen wirken, wie auch andere SDGs nicht durch wirtschaftliche Interessen eingeengt werden dürfen. Vielmehr muss es darum gehen, ob im Rahmen des SDGs 14 ein Tiefseebergbau möglich ist. Ein wirklicher Schutz der Ozeane und aktive Bemühungen zum Erreichen der SDGs würde in diesem Fall in erster Linie die Unterstützung eines Tiefseebergbaumoratoriums oder – wie es zahlreiche deutsche und pazifische Verbände und Betroffenenorganisationen fordern – ein Verbot bedeuten.

Zusätzlich müsste es eine Tiefseeforschung geben, die nicht die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Tiefsee als Untersuchungsgegenstand hat, sondern die Tiefsee als „Erbe der Menschheit“ ansieht – wie die es die Vereinten Nationen 1982 beschlossen haben – und damit ihren Schutz forciert.  Nur so kann eine Tiefsee-Forschung einen Beitrag leisten, der sich nicht auf die reine Legitimation von Tiefseebergbau beschränkt. Und nur so kann auch das SDG 14 voll umfänglich erreicht werden. 

Autor*innen:
Tom Kurz

Schreibe einen Kommentar