Fact Sheet zu den Ressourcenschutzzielen
Weniger Ressourcen, gerechtere Gesellschaft – eine neue Architektur
Die Ressourcenkrise gehört zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Dies zeigt nicht nur der jedes Jahr früher stattfindende Erdüberlastungstag, sondern auch der Fakt, dass sie maßgeblich den beiden anderen ökologischen Krisen (Artensterben und Klimakrise) zu Grunde liegt. Denn über 90% des Verlustes biologischer Vielfalt und des Wasserstresses sind mit der Bereitstellung und Umwandlung von Ressourcen verbunden und diese Prozesse machen auch etwa die Hälfte der Treibhausgasemissionen aus[1]. Fakt ist: wir verbrauchen ein Vielfaches der Ressourcen, die der Planet nachhaltig bereitstellen kann und diese Ressourcenverbrauch und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen sind global aber auch national extrem ungleich verteilt. Ohne dieses Problem zu lösen, werden wir weder die Klimakrise noch das Artensterben aufhalten können. Aus ökologischer Sicht ist eine Reduktion des Ressourcenverbrauchs daher dringend geboten, um diese Umweltkrisen zu bekämpfen. Dafür ist eine absolute und drastische Senkung Ressourcenverbrauchs erforderlich.
Doch die bisherigen Maßnahmen haben nicht dazu geführt, dass sich der Verbrauch global gesenkt hat. Eine Trendwende ist noch nicht einmal abzusehen. Die globale Ressourceninanspruchnahme hat sich seit 1970 verdreifacht, ein „Business As Usual“ würde bedeuten, dass es bis 2060 zu einer weiteren Verdopplung kommen würde. Zwar war die Bundesregierung im Jahr 2012 Vorreiterin mit dem Ressourceneffizienzprogramm (Progress), welches über eine gesteigerte Rohstoffproduktivität[2] den Ressourcenverbrauch senken sollte. Diese Ziele wurden jedoch nicht erreicht. Zwar ist die Rohstoffproduktivität gesteigert worden, allerdings hat dies noch nicht einmal zu einer Reduzierung des Einsatzes von Primärrohstoffen geführt. Dennoch setzt die dritte Fortschreibung von ProgRess (ProgRess III) auf eine Fortführung dieses unwirksamen Ansatzes und ergänzt diesen zudem mit einem niedrigeren Ambitionsniveau. So wird das Ressourceneffizienzprogramm der Bundesregierung endgültig ad absurdum geführt. Die Betrachtung des Status Quo und der Entwicklungen der vergangenen Jahre zeichnen ein ernüchterndes Bild. Sie zeigen, dass die bisherigen Bemühungen Ressourcen zu schonen ins Leere gelaufen sind und von künftigen Bemühungen keine Verbesserungen zu erwarten sind. Dies liegt nicht zuletzt an der Architektur des Politikfeldes und daran, dass es im Ressourcenschutz an Zielen fehlt: internationale und völkerrechtlich verbindliche Ziele, wie die des Paris-Abkommens im Klimaschutz. Aber auch Ziele auf europäischer und nationaler Ebene. Deswegen ist es umso wichtiger, dass eine neue Bundesregierung hier vorangeht. Unsere Forderungen:
Ein Berliner Ressourcenabkommen – eine UN Konvention für ein nachhaltiges Chemikalien-, Abfall- und Stoffstrommanagement
In Ergänzung zum Pariser-Klimaabkommen braucht es ein Berliner Ressourcenabkommen. Wir fordern von der neuen Bundesregierung sich für eine UN-Konvention für ein nachhaltiges Chemikalien-, Abfall- und Stoffstrommanagement einzusetzen und diese auf internationaler Ebene voranzutreiben. Eine solche Konvention muss das Ziel verfolgen, die Gefährdung von Mensch und Umwelt durch gefährliche Stoffe zu beenden und den Verbrauch von Chemikalien und Ressourcen deutlich zu verringern. Dafür braucht es ein absolutes und verbindliches globales Reduktionsziel – ein Ressourcenschutzziel, analog zum Pariser-Klimaschutzabkommens, orientiert am Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung (CBDR). Als einer der größten Hersteller von Chemikalien und Verbraucher metallischer Rohstoffe steht Deutschland bei diesem Thema in besonderer Verantwortung. Gleichzeitig kann Deutschland durch soziale und technische Innovation rund um den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft eine europäische und internationale Vorreiterrolle einnehmen.
Ein Ressourcenschutzgesetz – Nationale Ressourcenschutzziele für die Reduktion des Ressourcenverbrauchs
Deutschland braucht eine neue Architektur in der Ressourcenpolitik. Im Kern eines Ressourcenschutzgesetzes müssen zwei übergeordnete Ressourcenschutzziele für die Reduktion des Ressourcenverbrauchs stehen. Eine neue Bundesregierung kann sich hier an den Niederlanden orientieren, die gezeigt haben, dass es nötig und möglich ist Ziele für eine nachhaltige Ressourcennutzung festzulegen.
Zwei Reduktionsziele, gemessen mit dem Indikator TMC[3]:
- Abiotische Primärrohstoffe: Die Nutzung von abiotischen Primärrohstoffen muss bis 2050 auf maximal 6 Tonnen pro Person und Jahr begrenzt werden.Dazu braucht es ähnlich wie in den Niederlanden Zwischenziele bis 2030 mit dem Ziel einer Reduzierung von mindestens 50%.[4]
- Biotische Primärrohstoffe: Die Nutzung biotischer Primärrohstoffe muss bis 2050 auf maximal 2 Tonnen pro Person und Jahr reduziert werden.
Zielwerte erleichtern es, die Wirksamkeit von Strategien und Maßnahmen zu evaluieren, politische Maßnahmen auszuwählen, politische Dynamik zu erzeugen und Erfolg und Misserfolg der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen. Nur über geeignete Ziele kann die Bundesregierung ihre physischen Wirtschaft monitoren. Ziele machen den Ressourcenverbrauch international vergleichbar und der Fortschritt in Richtung einer zukunftsfähigen Wirtschaft mit einer nachhaltigen Ressourcennutzung wird messbar. Erst dadurch können politischen Anreizsysteme und Gesetze für die Akteure in Produktion, Konsum und Infrastrukturmanagement angepasst werden. Unternehmen wird ein wird so ein „Level Playing Field“ ermöglicht, sie können den eigenen Ressourcenverbrauch einordnen und lebenszyklusweit in Relation zu nationalen und sektoralen Durchschnitten setzen. Ein solches Ressourcenschutzgesetz könnte sich in seinen Mechanismen am Prinzip des Klimaschutzgesetztes orientieren.
Mehr Informationen
Ressourcenwende: https://www.ressourcenwende.net/
Link zur Kurzstudie Absolute Reduktion des Ressourcenverbrauchs: Vorreiter Niederlande – Ein Vorbild für Deutschland?
Link zum Policy Paper von Ressourcenwende-Netzwerk-Akteur*innen
Kontakt: Rolf Buschmann, BUND-Expert*in für Technischen Umweltschutz, Tel.: 030-275 86-482, E-Mail: rolf [dot] buschmann [at] bund [dot] net
[1] UNEP/IRP (2019). Global Resource Outlook 2019. Natural resources for the future we want. Summary for Policymakers.
[2] Rohstoffproduktivität misst, wie viel wirtschaftliche Leistung (BIP) durch den Einsatz einer Einheit Rohstoffe erzeugt wird.
[3] „der TMC misst die globale Gesamtmenge der verwendeten Materialien für den inländischen Verbrauch einschließlich indirekter Materialaufwendungen. (…) Der TMC ist ein Maß für alle direkten und indirekten Primärmaterialentnahmen, sowohl im Inland als auch im Ausland, die mit dem Konsum einer Volkswirtschaft verbunden sind.“ (UBA (2018) Ressourcenverbrauch von Deutschland – aktuelle Kennzahlen und Begriffsbestimmungen.
[4] Die Niederlande sind eines der wenigen Länder, welches sich ein ambitioniertes Ressourcenschutzziel gesetzt hat.
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