Erdüberlastungstag – Wir brauchen eine Ressourcenwende!
Natürliche Ressourcen bilden die Grundlage allen Lebens. Jede Produktion, jede Dienstleistung, aber auch jeder Ausstoß von Treibhausgasen nutzt endliche Ressourcen. Dabei liegt der weltweite Ressourcenverbrauch seit Jahren über dem, was die Erde dauerhaft bereitstellen kann. Der „Earth Overshoot Day“ – also der Tag an dem wir mehr natürlicher Ressourcen verbraucht haben als die Erde in einem Jahr bereitstellen kann – ist jedes Jahr früher. 1990 noch am 7. Dezember, war er 2019 bereits am 29. Juli. Ab diesem Datum leben wir weltweit „auf Pump“ und betreiben Raubbau der Ressourcen zukünftiger Generationen. Aus Gerechtigkeitsperspektive sieht die Lage noch verheerender aus: Denn 80% der Ressourcen werden von 20% der Weltbevölkerung – von den Menschen der reichen Industrienationen – verbraucht. Der deutsche Erdüberlastungstag fand in diesem Jahr bereits am 3. Mai statt. D.h., würden alle Staaten der Welt so wirtschaften wie Deutschland, bräuchte die Menschheit drei Erden, um ihren Rohstoff- und Ressourcenverbrauch zu decken. In einem globalisierten Wirtschaftssystem führt dies zu Umweltzerstörung und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen weltweit. Der verschwenderische Umgang mit den natürlichen Ressourcen ist außerdem der Grund für die steigende Knappheit von Wasser und Böden und die Hauptursache für den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt.
Daraus folgt eine einfache, spätestens seit dem Club of Rome, wohlbekannte und kaum bestreitbare Schlussfolgerung: In einer begrenzten Welt kann es keine unbegrenzte Nutzung der natürlichen Ressourcen geben! Das gesagte zeigt außerdem, dass die Lösung nur in einer konsequenten Suffizienzstrategie liegen kann. Ziel muss die Senkung unseres absoluten Ressourcenverbrauchs und die gerechte Verteilung der vorhandenen Ressourcen sein.
Die vorherrschende, wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik ist jedoch blind gegen die Probleme einer nicht nachhaltigen Ressourcennutzung und auch volkswirtschaftliche Vorteile des Ressourcenschutzes bleiben unberücksichtigt. Sie beschäftigt sich maximal mit Effizienzsteigerung und stellt Versorgungsicherheit vor den Natur- und Umweltschutz. Mit ProgRess wurde zwar ein wichtiger erster Schritt unternommen. Die alleinige Fokussierung auf Effizienz geht jedoch nicht weit genug, denn relative Größen, wie die Ressourceneffizienz, werden das Problem der absoluten Senkung nicht lösen.
All dies zeigt die dringende Notwendigkeit einer Ressourcenwende!
Damit einher geht eine tiefgreifende Änderung der export- und wachstumsorientierten Produktions- und Konsummuster. Die Frage der Versorgungssicherheit muss einen konsistenten Ausbau der Kreislaufwirtschaft als Antwort haben. Es muss dafür gesorgt werden, dass der Einsatz von Sekundärrohstoffen in allen Bereichen so hohe Raten wie z.B. bei Glas erreicht. Aber auch hohe Recyclingquoten können den steigenden Ressourcenkonsum bei anhaltendem Wirtschaftswachstum nicht abdecken. D.h. echte Kreislaufwirtschaft braucht mehr als Recycling. Neben der abfallseitigen Betrachtung geht es insbesondere darum, Produkte so zu konzipieren, dass sie wenig Energie verbrauchen und einfach repariert und recycelt werden können. Es braucht ein funktionierendes Öko-Design, Kreislaufführung, organisierte Kaskadennutzung und eine Nutzen-statt-Besitzen Philosophie. Hierfür braucht es klare, auf ihren Erfolg hin überprüfbare, Ziele und Instrumente um diese zu erreichen. Kurz, es braucht eine kohärente Ressourcenpolitik, die Rebound- und Verlagerungseffekten sowie Obsoleszenz einen klaren Riegel vorschiebt und die Frage nach der Suffizienz stellt; die aus internationaler Perspektive Ressourcengerechtigkeit und planetare Leiplanken mitdenkt. Und um das zu erreichen braucht es Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und nicht zuletzt eine starke und laute Zivilgesellschaft, welche eine Ressourcenwende einfordert.
Und im Ressourcenbereich besteht jetzt die Chance zu handeln: Aktuell arbeitet die Bundesregierung an der neuen Rohstoffstrategie und dem neuen Ressourceneffizienzprogramm. Ziel muss eine absolute Reduktion des deutschen Rohstoffverbrauchs sein. Dafür braucht es klar definierte Reduktionsziele und entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung.
Ein weiter so ist keine Option: Denn der Status Quo ist weder ökologisch nachhaltig noch global bzw. für kommende Generationen gerecht. Wir müssen unseren Ressourcenverbrauch radikal senken und das wird ohne eine Abkehr von unserer wachstumsorientierten Wirtschaftsweise nicht möglich sein. Wir brauchen eine Politik die die planetaren Leitplanken beachtet und die Frage nach dem richtigen Maß – nach dem Genug – stellt. Eine solche Transformation ist nicht gleichbedeutend mit sinkender Lebensqualität. Vielmehr muss zukünftiger Fortschritt eben genau die Lebensqualität statt die Quantität (den Wachstum) in den Vordergrund stellen. Das Ziel muss die Ermöglichung eines guten Lebens für alle, jetzt und in Zukunft, sein. Von einer Umsetzung einer solchen Politik sind wir jedoch noch weit entfernt. Dies liegt wohl nicht zuletzt daran, dass eine solche Transformation eine Abkehr von Konzept des Wirtschaftswachstums nach sich ziehen würde.
Dabei gibt es bereits heute viele Ideen und Ansätze für eine solche Suffizienzpolitik. Einige von ihnen wurden eingangs angerissen. Es muss jedoch über die rein ressourcenpolitische Betrachtung hinausgehen. Es braucht eine Politik in der Dinge wie Entschleunigung, Zeitwohlstand, persönliche Beziehungen und Solidarität den materiellen Verbrauch ersetzen. In welcher echte politische Teilhabe ermöglicht wird durch eine Weiterentwicklung demokratischer Entscheidungsprozesse und in welcher Fragen nach Eigentum und Verteilung neu gestellt werden. Ein solcher Wandel mag nahezu unmöglich klingen. Er ist jedoch notwendig, denn ein weiter so würde bedeuten weiter Ressourcen von mehr als einem Planeten zu verbrauchen es gibt jedoch nur diesen einen.
Autor*innen:
Benedikt Jacobs