Wirtschaftsmächte auf den metallischen Rohstoffmärkten – Ein Vergleich von China, der EU und den USA
Hrsg.: DERA
China hat als Wirtschaftsmacht in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten einen rasanten Aufstieg erlebt. Das Land hat bei der Industrieproduktion mit ihrem großen Bedarf nach Rohstoffen inzwischen die EU und die USA übertroffen. Wie sehr sich in diesem Zuge die Gewichte der Wirtschaftsmächte auf den Weltmärkten für metallische Rohstoffe verschoben haben, verdeutlicht eine neue Studie der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Die DERA-Studie mit dem Titel „Wirtschaftsmächte auf den metallischen Rohstoffmärkten – ein Vergleich von China, der EU und den USA“ beleuchtet die Entwicklungen der drei Wirtschaftsräume bei der Rohstoffproduktion von Basismetallen sowie bei Eisen und Stahl im Zeitraum zwischen 2002 und 2018. Auch Veränderungen beim Handel mit metallischen Rohstoffen werden analysiert.
Das Ergebnis: Im Jahr 2018 verarbeitete China durchschnittlich 49 % der weltweiten Raffinadeproduktion von Aluminium, Blei, Eisen/Stahl, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn im eigenen Land weiter. Die EU und die USA kamen bei der Weiterverarbeitung von Raffinadeprodukten nur auf durchschnittliche Anteile von 14 bzw. 8 %. Damit ergaben sich große Veränderungen gegenüber dem Zeitpunkt zu Beginn des Jahrtausends. „Noch 2002 wurden durchschnittlich 26 Prozent der globalen Raffinademengen der Basismetalle sowie Eisen und Stahl in der EU weiterverarbeitet, China und die USA kamen lediglich auf einen Anteil von 17 bzw. 16 Prozent“, erklärt DERA-Experte Johannes Perger. Der Autor der Studie: „In relativ kurzer Zeit haben sich die Gewichte bei der weltweiten Rohstoffverarbeitung deutlich in Richtung China verschoben.“
Entsprechend unterschiedlich verlief die Entwicklung in den untersuchten Wirtschaftsräumen auch in Bezug auf die absoluten Mengen der betrachteten Rohstoffe. Laut DERA-Studie vervielfachten sich in China die produzierten und weiterverarbeiteten Rohstoffmengen, während sie in der EU in etwa konstant blieben und in den USA fast ausnahmslos sanken. Auf globaler Ebene verbuchten Aluminium, Stahl und Nickel zwischen 2002 und 2018 mit einer Verdoppelung die höchsten Bedarfszuwächse aller betrachteten Metalle.
China, die EU und die USA sind allesamt in großem Maße auf Einfuhren von metallischen Rohstoffen angewiesen, da sie ihre Rohstoffbedarfe meist nicht über den eigenen Bergbau und Recycling decken können. Alle drei sind Nettoimporteure bezogen auf die Gesamtheit der metallischen Rohstoffhandelsgruppen (Raffinadeprodukte und Waren daraus, Erze- und Konzentrate sowie Abfälle und Schrotte).
China ist im Betrachtungszeitraum zum größten Händler metallischer Rohstoffe aufgestiegen und hat in den letzten Jahren seinen Außenhandel stark internationalisiert.
2002 entfielen große Teile des chinesischen Außenhandels mit metallischen Rohstoffen noch vorwiegend auf seine asiatischen Nachbarstaaten. Im Jahr 2018 waren weltweit für die meisten Länder die Handelsvolumen mit China deutlich größer als jene mit der EU und den USA. „China ist zum unumstrittenen Champion bei der Produktion und dem Handel mit metallischen Rohstoffen aufgestiegen, wodurch global Rohstoffpreise und Lieferketten maßgeblich durch die Volksrepublik beeinflussbar sind“, so Perger.
Die aktuelle Corona-Pandemie wirft indes weitere Fragen für zukünftige Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten und die drei betrachteten Wirtschaftsmächte auf. In China ist die Pandemie unter Kontrolle und die Industrieproduktion befindet sich auf einem rasanten Erholungskurs. Nebenbei festigt China mit der Seidenstraßeninitiative sowie durch den Zusammenschluss mit 14 weiteren asiatischen Staaten zur größten Freihandelszone der Welt („RCEP“) auch langfristig seine Position als bedeutendster Industriestandort. Dies könnte die Gewichte auf den Rohstoffmärkten noch weiter in Richtung Asien verschieben. In der EU haben sich in der Pandemie hingegen die Schwachstellen von globalisierten Lieferketten offenbart. Mittlerweile denken viele Unternehmen ernsthaft über kürzere und regionalere Lieferketten sowie eine stärkere Diversifizierung ihrer Lieferquellen nach.